Ein Tag in Bielefeld

Genauso wie die SPIEL in Essen fahre ich mittlerweile jedes Jahr zur Spielewelt in Bielefeld.

Das ist eine Publikumsmesse, die mittlerweile zum 27ten Mal in der Ravensberger Spinnerei in der Stadt, die es eigentlich nicht gibt, stattfindet.

An einem verregneten Samstag morgen machten sich dann Bibi und ich auf zu den Nordrhein-Vandallen. Nach nur 1,5 Stunden Fahrt standen wir dann auch schon vor dem imposanten Gebäude der Spinnerei und freuten uns, vom kalten und regnerischen Draußen ins wohligwarme Drinnen zu gelangen.

Das tolle an der Messe in Bielefeld ist, das sie so schön familär ist. Hier trifft man sich mit Leuten, die einen lange Zeit nicht über den Weg gelaufen sind, hält Smalltalk und zockt ein wenig. Andy turnte oben bei den Jungs und Mädels von Skellig Games rum, und Björn war mit seinen Kiddies auf Entdeckungstour durch die Hallen.

Hallen ist vielleicht das falsche Wort, denn es gibt im Erdgeschoß einen großen Raum, in dem die fahrenden Händler Ihre Waren feilbieten, aber auch jede Menge Spieltische, wo es idR Neuheiten auszuprobieren gab. Das schöne daran ist, das – wenn man denn will – unkompliziert von den Spielerklär-Barden an die Tische geleitet wird und mit Ihrem Minnegesang über Regeln und Taktiken betört wird. Und -zack- sind schon wieder 2 Stunden rum und dabei hat man noch nicht mal ein Viertel der Messe gesehen. Denn die Veranstaltung erstreckt sich über 4 Etagen und da gibt es etliches zu entdecken. Unter dem Dach des Gebäudes fanden sich etliche Verlage, wie die Game Builders, Skellig Games und noch ein paar mehr. Diese stellten Ihre Herbstneuheiten vor. Ein tiefenentspannter Uwe Rosenberg, der ja in Gütersloh wohnt, war, wie eigentlich jedes Jahr, auch mit von der Partie und stellte sein neues Spiel „Planta Nubo“ vor.

Auch sehr symphatisch waren die beiden Verlagsgründer von biwo-Games (Otmar Bettscheider und Karin Herrmann), die unermüdlich ihre neuesten Spiele SWOP, calcool, Abspecken und Capio erklärten. Wir hatten den Verlag schon auf der SPIEL23 in Essen besucht, da hatte mich das aber überhaupt nicht gecatcht, denn es sah beim flüchtigen Hinschauen nach stupiden Würfelablegen aus. Nach einer kurzen Erklärung von calcool und einer Lernpartie mußte ich meine Meinung dann doch revidieren – später dazu mehr. Bibi ließ sich dann auch noch SWOP erklären und schließlich landeten beide Spiele in unserem Rucksack.

Der Tag schritt voran, und nach einer leckeren Bratwurst/Pommes-Stärkung ging es dann zum Endspurt. Am Schluß landeten dann neben den oben erwähnten Sachen noch „With A Smile And A Gun„, „Ninja Academy„, „VIP RIP“ und „Tinderbloxx“ fanden auch den Weg in unsere Einkaufstüte.

Fazit: Bielefeld ist immer einen Besuch wert und wer ein entspanntes Spielewochenende ohne die Völle und die Geräuschkulisse in Essen, erleben möchte, der sollte sich diese Veranstaltung auf keinen Fall entgehen lassen.

Jetzt noch ein paar Kurzeindrücke zu den Sachen, die wir aus Bielefeld mitgenommen haben.

calcool (biwo-Games)

Wir decken zwei Karten auf, die jeweils fünf Felder mit unterschiedlichen Würfelfarben- und Augen zeigen. Unser Ziel ist es, so schnell wie möglich, aus einem Riesenpool aus Würfeln zehn Stück in jeweils unterschiedlichen Farben regelkonform unter die passenden Felder zu legen. Dabei dürfen nicht zwei Würfel mit derselben Augenzahl nebeneinander liegen, ebenso dürfen nicht zwei gleiche Farben in dieser Würfelreihe liegen. Wer nun meint, fertig zu sein, der ruft „Stop“. Nun prüft man die Kette auf Fehler – tritt hier ein Fehler auf, hagelt es Minuspunkte. Nun ordnet man die Würfel den Feldern zu. Mit viel Glück kriegt man Pluspunkte, aber auch hier haben die Entwickler Stolperfallen eingebaut, so das es auch Minuspunkte geben kann. Das ganze spielt man über 4 Runden und dann werden die Gesamtpunkte zusammengezählt. Zusätzlich zum normalen Spiel spendierte biwo-Games noch eine herausfordernde Variante, wo insgesamt bis zu zwölf Würfel gelegt werden können. Diese haben wir uns aber noch nicht angeschaut – die Zeit gab es leider nicht mehr her.

10 Würfel legen, was soll daran schon schwer sein? Jaha, nach vier Partien brainte mein Brain nicht mehr, denn so einfach wie es klingt, ist es natürlich nicht. Wenn man dann noch unter Zeitdruck steht, weil die anderen schon viel weiter sind, schleichen sich natürlich etliche Fehler ein, die einem hinten raus etliche Punkte kosten können. calcool beweist, das eine simple Grundidee dann mit dem richtigen Regelwerk zu einem herausfordernden Rennen gegen die Zeit wird. Die gut geschriebene Regel lässt eigentlich keine Fragen offen, die Spielzeit beträgt pro Partie lockere 10 bis 15 Minuten.

Was mir ein wenig Angst macht, ist die beigelegte Profivariante – ich fürchte, hier könnte es zur Gehirnüberhitzung und schweren Ausnahmefehlern kommen.

SWOP (biwo-Games)

Auch hier haben wir einen richtig schönen Hingucker. Mit seinen vielen bunten Würfeln hat SWOP eine ähnlich ansprechende Tischpräsenz wie auch calcool.

Allerdings ist hier die Ausgangslage eine andere. Wir tauschen zwei Würfel, um damit kniffelähnliche Kombinationen wie Paschs oder Straßen zu bilden. Dabei wird jeder Würfel einzeln betrachtet. Je länger die Kombinationen sind, desto mehr Punkte heimsen wir ein. Die gewinnträchtigste Kombination ist der namensgebende SWOP ( eine Kombination aus mindenstens sechs passenden Würfeln). Wer diesen allerdings auslöst, muß einer seiner drei Scheiben( Hier „Schwarze Löcher“ genannt) mit dem gelegten Würfel, der den Swop ausgelöst hat tauschen – dadurch verkleinert sich das Spielfeld. Das Spielende wird ausgelöst, sobald ein Mitspieler eine gewisse Punktzahl erreicht hat, oder der letzte seine schwarze Scheibe gelegt hat.

SWOP hat mir tatsächlich noch eine Ecke besser gefallen wie calcool, den hier habe ich den Zeitdruck nicht und kann in Ruhe an meinem perfekten Zug basteln. Auch hier haben wir eine überschaubare Spielzeit von ca. 30 Minuten und spielt man zu viert, wird in Teams um den Sieg gerungen. Finde ich gut, zumal es gar nicht so viele Teamspiele auf dem Markt gibt. Auch hier liegt eine Profivariante mit bei, die das ganze Spielprinzip nochmal herausfordernder macht. Für mich ist SWOP ein tolles „Feel-Good“-Spiel, das man wunderbar an einem verregneten Sonntagnachmittag bei Kaffee und Kuchen entspannt runterzocken kann.

Tinderblox (Game Builders)

Kleine Schachtel – großer Spaß. Wir bauen alle zusammen an einem Lagerfeuer. Dazu deckt der aktive Spieler eine Auftragskarte auf. Diese zeigt in der Regel mehrere Sachen: Holzscheite (liegend oder stehend), Feuerfunken (die teilweise aufeinander gestapelt werden müssen) und Holzscheite mit Feuerfunken. Dann müssen wir mit einer Pinzette die vorgegebene Kombination in das Lagerfeuer einbauen und hoffen, das das ganze Gebilde nicht zusammenbricht, denn ansonsten ist man raus. Fies auch, das auf einigen Karten ein Handsymbol zu sehen ist, dann muß man das alles mit seiner „schwachen Hand“ bauen. „Tokyo Highway“ lässt grüßen, nur das man hier seine Holzteile auf sehr viel kleineren Raum platzieren muß, und es dadurch schnell in die Höhe geht – als Absacker oder Opener toll.

VIP RIP (Nice Game Publishing)

Noch nicht gespielt – habe ich mir beim Herstellerstand kurz erklären lassen. Wir legen neun bekannte Persönlichkeiten (lebende, verstorbene oder fiktive) aus und ordnen diesen Zahlenkarten von eins bis neun zu. Einer spielt die „Aurora“, die drei Grabsteinsprüche aussucht und diese geheim den nach Ihrer Meinung passenden Person zuordnet. Die anderen Mitspieler haben nun die Aufgabe, den Code richtig zu erraten. Hörte sich lustig an – unter den Personen sind u.a. Oppenheimer, Donald Duck oder Rotkäppchen.

Ninja Academy (Spiel Das!)

Auch gestern nurmal kurz angeschaut – wir wollen der beste Ninja der Welt werden und müssen verrückte Sachen mit zehn Meeplen und 10 Holzblöcken machen – Partyspiel vom feinsten. Mit der richtigen Truppe kann man bestimmt gut ablachen. War auf der Messe in Essen ein kleiner Geheimtipp.

With A Smile And A Gun (Spiel Das!)

Da hat der Sven von Brettballett nun solange rumgeheult, das die Jungs und Mädels vom SpielDas!-Verlag ein Erbarmen hatten und diesen vermeintlichen Geheimtipp nun auf Deutsch auf dem hart umkämpften Area-Control-Markt schmeissen.

Als reines 2-Personenspiel konzipiert wollen wir die Vorherrschaft in neun Distrikten erreichen. Das will unser Gegenüber auch und als dritte Partei mischt auch noch die Polizei mit. Der Kniff – zu Beginn einer jeden Runde wirft der Startspieler mit 13 Würfeln. Damit müssen wir, wenn wir dran sind, 2 von auswählen. Einen für die Bewegung und einen für die Aktion. Dabei kommt ein recht cleverer Mechanismus zum tragen: Unsere Spielfigur bewegt sich im Uhrzeigersinn um die neun Distrikte herum. Da wo wir dann stehenbleiben dürfen wir in der jeweiligen Spalte oder Reihe in die drei Distrikte jeweils 6 unserer Leute stellen. In den vordersten 3, dann in den mittleren 2 und im hintersten nur noch einen. Das gibt eine tolle Dynamik und man muß bei jedem Zug schauen, wo ich am besten stehe bleibe um einerseits meinen Kontrahenten und bestenfalls auch der Polizei die Butter vom Brot zu nehmen.

Am Ende einer Runde (nachdem jeder 3 Aktionen gemacht hat) vergleichen wir die Mehrheiten in jedem Distikt und dann darf man sich Belohnungen nehmen, die mal mehr oder weniger wertvoll sind. Danach werden die Gebiete leergeräumt und eine neue Runde beginnt. Nach 3 Runden ist das Spiel nach einer Spielzeit von ca. 30 bis 40 Minuten vorbei. Die Würze bringen noch die Schatten und Zaubertränke (?) ins Spiel, denn diese haben noch gewisse mächtige Fähigkeiten und können das ganze Spiel nochmal auf den Kopf stellen.

Auch wenn das nüchterne Design erstmal abschreckt, kriegt man mit „With A Smile and A Gun“ ein flott gespieltes Areacontrolspielchen mit einer moderaten Spieldauer und noch genug eigenen Ideen um sich ein wenig von den ganzen anderen Krams, den es da in der Richtung gibt, abzuheben. I like it!